Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Mittwoch, 12. September 2012

Sagt an, wer ist doch diese (Version von 1865, Dreves)

(Original 1638. Joh. Khuen)

Sagt an, wer ist doch diese, die auf am Himmel geht,
die überm Paradiese als Morgenröte steht?
Sie kommt hervor von ferne; es schmücken Mond und Sterne
die Braut von Nazareth.

Sie ist die reinste Rose, ganz schön und auserwählt,
die Magd, die makellose, die sich der Herr vermählt.
O eilet sie zu schauen, die schönste aller Frauen,
die Freude aller Welt!

Sie strahlt im Tugendkleide, kein Engel gleichet ihr,
die Reinheit ihr Geschmeide, die Demut ihre Zier;
ein Blumengart verschlossen, mit Himmelstau begossen,
so blüht sie für und für.

Sie ist der Himmelsheere, der Engel Königin, 
der Heilgen Lust und Ehre, der Menschen Trösterin,
die Zuflucht aller Sünder, die Hilfe ihrer Kinder,
die beste Mittlerein.

Drum fallen wir zu Füßen der Jungfrau gnadenreich
und sie mit Andacht grüßen aus Herz und Mund zugleich;
ihr Leib und Seel und Leben wir gänzlich übergeben 
zur Hut ins Himmelreich.

Die Änderungen in der aktuellen Version von 1972 (GL 588) sind mir nicht immer erklärbar:
In der 1. Strophe "die vor dem Tag aufgeht" - hier wurde wohl die Aufnahme Mariens in den Himmel gekonnt umgangen? Aber warum "im Sonnenglanz erhöht" statt "Braut von Nazareth"??
In Strophe 2 wurde "rein" durch "edel" ersetzt. Wieder warum nur??
Strophe 3 im Gotteslob ist dann eine völlige Neudichtung:
"Du strahlst im Glanz der Sonne                       - vorher strahlte sie in Tugenden
Maria, hell und rein                                          - Reinheit aufgetaucht, Demut gestrichen
von deinem lieben Sohne kommt all das Leuchten dein.
Durch diesen Glanz der Gnaden sind wir aus Todes Schatten kommen zum wahren Schein."

Inhaltmäßig ist da ja nichts dran auszusetzen. Statt Liebeslied und Freude an der Causa nostrae laetitiae mit inkorporierten Anrufungen aus der lauretanischen Litanei eben eine Belehrung, dass man Maria nicht ohne Jesus sehen kann. Aber die ganze Leuchterei ist hauptsächlich ja erst durch die Umdichtungen entstanden und geriet dann in Kollision mit der Gleichsetzung von Jesus selbst als dem "Morgenstern der finstern Nacht".

Ich persönlich habe immer schon gerätselt, warum man Maria hier den Morgenstern angedichtet hat. "Stella maris" etc. hat ja völlig andere Inhalte und Hintergründe. Rätsel halb gelöst: die Morgenstern-Verwechslung kam nur, weil jemand die "Himmelfahrt/Assumptio" raushaben wollte und verlangte dann eine Unterweisung im Liedtext, damit kein totales Durcheinander entsteht. Na ja.

Und dass Strophe 5 mit der Marienweihe flach fiel, wen wundert das schon?
Zur Erklärung für alle mit protestantischen Überlegungen und Vorstellungen Marinierten: Strophe 5 ist keine Anbetungsgeste, sondern ein Anerkennen der eigenen Fehlerhaftigkeit, so dass man Maria, die ja makellos ist, bittet, sich dessen anzunehmen und diese Person mit all ihren kleinen Hässlichkeiten mit ihrer eigenen gottgegebenen Reinheit zu umgeben und sie so vor den Herrn zu bringen. Eine Geste, die das ehrt, was Gott an Maria getan hat und die Gott ehrt, weil man ihm nur das Beste und Schönste geben will, das im Rahmen der eigenen Umstände eben möglich ist. Demut eben, was eine Strophe vorher gestrichen wurde.

Sehr ausführlich erklärt wird dieser Kontext unter anderem in Grignion de Monforts Schriften zur Marienweihe.
Zu Zeiten, in denen die Marienweihe verbreitet war, erforderte das keine weitere Erklärung. Heute ist viel Glaubenswissen verschüttet worden, sodass der Text erst einmal befremdlich wirkt. Doch statt ihn zum Anlass einer erhellenden Katechese in Predigten zu nehmen, ließ man ihn lieber wegfallen. Wie so vieles andere auch.

2 Kommentare:

  1. Im neuen Gotteslob steht wieder der Originaltext. Schade, dass die 4. und 5. Strophe nicht aufgenommen wurden.

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  2. Das mit dem Morgenstern ist vielleicht auch so zu erklären, daß die unübertroffen reine Jungfrau Maria der sinnlich-lustbetonten römischen Liebesgöttin Venus (also der Namensgeberin des Morgensterns) entgegengestellt werden soll. Und der geht eben tatsächlich vor der Sonne auf, sonst sieht man ihn nicht oder fast nicht.

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